Menü

LNG: Deutschland muss auf saubere Förderung pochen

29.06.2023 | ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung

Für das künftig aus aller Welt nach Deutschland importierte Flüssiggas (LNG) ist die Vorkette – also Förderung, Aufbereitung, Verflüssigung und Transport –mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Verglichen mit der späteren Verbrennung in Kraftwerken und Heizungen entstehen dort noch einmal bis zu 50 Prozent zusätzlicher Klimaemissionen. Eine Ursache dafür sind schädliche Methanemissionen, die bislang unzureichend berücksichtigt wurden. Das zeigt jetzt eine ifeu-Studie im Auftrag der Wissenschaftsplattform Klimaschutz.

„Deutschland und die EU sollten dringend eine saubere und emissionsarme Erdgasförderung in Ländern wie Algerien, Katar, Nigeria und den USA einfordern“, erklärt Studienleiter Daniel Münter die Ergebnisse.

Der jetzt veröffentlichte Bericht „Analyse der Treibhausgasintensitäten von LNG-Importen nach Deutschland“ zeigt, dass es vor allem die Emissionen des extrem potenten Klimagases Methan sind, die LNG vergleichsweise klimaschädlich machen. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, das bei der Förderung und dem Transport von LNG freigesetzt wird.

Die Vorkette erreicht bis zu 50 % der späteren Emissionen aus der Verbrennung

„Die Vorkette – also Förderung, Aufbereitung und Transport – sind schon immer Teil der Umweltwirkung von Erdgas gewesen. Beim LNG schneidet dieser Abschnitt aber deutlich schlechter ab als bei Pipelinegas aus vielen anderen Ländern,“ erklärt Münter.

Die CO2-Emissionen beim Verbrennen von Gas – etwa in Kraftwerken oder Heizungen – liegen bei etwa 56 Gramm CO2-Äquivalenten je Megajoule (gCO2e/MJ). Bei Erdgas aus Algerien, das als Flüssiggas in Deutschland angeliefert werden könnte, liegen die zusätzlichen Emissionen der Vorkette bei rund 27 gCO2e/MJ. LNG aus den USA hat eine Vorkettenlast von rund 23 gCO2e/MJ und Katar knapp 18 gCO2e/MJ.

Zum Vergleich: Die Vorkette für Pipelinegas aus Norwegen trägt nur etwa 3 gCO2e/MJ bei.

Ausrüstung und Betrieb vor Ort sind mit entscheidend für Klimaschutz

Den größten Teil der Emissionen entstehen bei der eigentlichen Produktion, also der Förderung und Aufbereitung vor Ort. Während dieser Ausstoß von Klimagasen in Algerien bei über 19 gCO2e/MJ liegt, beträgt der Wert für die Erdgasproduktion in Katar „nur“ rund 7 gCO2e/MJ. Die Emissionen der Vorkette sind in Algerien also etwa zweieinhalbmal so hoch. „Alter und Qualität der Ausrüstung in den Produktionsländern spielen eine enorme Rolle für den Klimaschutz“, sagt Münter.

So entweicht In allen Förderländern in der Produktion Erdgas aus undichten Leitungen und Anlagen. Aber es gilt die Faustregel: Je älter die Fördertechnik und je lückenhafter die Kontrolle durch die Behörden, desto mehr Erdgas wird wahrscheinlich freigesetzt. Das erklärt den Großteil der Unterschiede zwischen den untersuchten Lieferländern. Hinzu kommt, dass immer wieder absichtlich Gas abgelassen wird, wenn Ausrüstung oder Bohrlöcher gewartet werden. Eine Sonderstellung nehmen die USA ein. Da dort überwiegend „unkonventionelles“ Erdgas gewonnen wird („Fracking“), ist die Zahl der Bohrlöcher viel höher als etwa in Katar. Deshalb ist auch die Zahl der potenziell undichten Anlagen viel größer.

Die zusätzlichen klimarelevanten Emissionen durch die Verflüssigung vor Ort und Regasifizierung in Deutschland sind dagegen für alle Länder ähnlich (zwischen 6,3 und 8 gCO2e/MJ).

Der Transport von Produktionsstätte zum Verladehafen spielt im Vergleich nur eine untergeordnete Rolle (0,1 bis 1 gCO2e/MJ).

Das Methanproblem ließe sich lösen

Wegen der Verflüssigung und des Transports würde LNG auch im besten Fall eine schlechtere Klimabilanz aufweisen als Erdgas, das in Europa produziert wird. Doch zumindest die Methanemissionen wären weitgehend vermeidbar – worauf auch ein aktueller Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) hinweist. Die Förderländer könnten die Investitionen in eine bessere Technik sogar schnell wieder einspielen, da sie weniger Erdgas verlieren und in der Folge mehr Erdgas verkaufen könnten.

Die EU erarbeitet in einer „Methanstrategie“ zwar inzwischen technische Regeln für die Gasförderung innerhalb Europas. „Der Löwenanteil der Methanemissionen des von uns genutzten Erdgases entsteht jedoch außerhalb Europas und da ist die EU gerade in der jetzigen Importabhängigkeit noch sehr zaghaft“, so Münter.

In der Studie wird außerdem hervorgehoben, dass die Methanemissionen aus russischem Pipeline-Erdgas bisher wahrscheinlich auch unterschätzt werden. Ältere Studien setzen hier zusätzliche Emissionen von knapp 10 gCO2e/MJ an. Neuere Daten zeigen, dass man hier auch von etwa 25 gCO2e/MJ ausgehen muss. „Wenn sich das bestätigt, hat russisches Pipelinegas in etwa die gleichen Emissionen in der Vorkette wie LNG aus anderen Ländern“, sagt Studienleiter Daniel Münter.

Neue Daten der Internationalen Energieagentur (IEA)

Die ifeu-Studie legt jetzt neue Daten zu den Methanemissionen der Gasförderung für die Länder vor, die im Mittelpunkt der deutschen LNG-Strategie stehen. Die Forscher greifen für die Bewertung auf neue Daten und Methoden der Internationalen Energieagentur (IEA) zurück. Die hohen Methanemissionen in der Erdgasförderung vieler Länder sind der Fachöffentlichkeit schon seit Jahren bekannt. Lückenhafte Messdaten und methodische Probleme haben in der Vergangenheit jedoch dazu geführt, dass sie in den meisten Studien nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Die Studie steht zum Download auf https://www.ifeu.de/publikation/lng-deutschland-muss-auf-saubere-foerderung-pochen/ bereit.

Ein Podcast zum Thema ist derzeit in Arbeit. Die Veröffentlichung erfolgt zeitnah unter https://www.ifeu.de/podcast/


Zentraler Pressekontakt:

Tel +49 (0) 6221 / 47 67 -83,
presse@ifeu.de
Wilckensstr. 3
69120 Heidelberg

Ansprechpartner:

Daniel Münter
Studienleiter
daniel.muenter@ifeu.de